
Es gibt Wichtigeres als Mode, Beauty und Interior. Allein, diesen Satz laut aussprechen zu müssen, lässt mich den Kopf schütteln. Die Mode- und Medienwelt wird stets als eine oberflächliche dargestellt und wisst ihr was: Das ist sie auch. Doch nicht nur diese, wie es scheint. Einer meiner persönlichen Grundsätze, hier auf dem Blog wie auch im Leben außerhalb der digitalen Welt, besteht darin nicht zu urteilen. Ich bin der Meinung, dass uns Toleranz zum Individuum macht – uns die Menschlichkeit verleiht, die uns ausmacht.
Bis heute habe ich zu bekannten sowie persönlichen Themen wie Bloggerfreundschaften, Selbstzweifeln und Liebeleien geschwiegen. Doch an einem Tag wie diesem, sitze ich vor dem Bildschirm und frage mich was mit uns nicht stimmt? Was schief gelaufen ist, dass einer schockierenden Nachricht wie dem Anschlag in Orlando ein Satz über die neuesten Snaps von YouTubern folgt? Sind wir naiv, uninteressiert oder schlichtweg egoistisch?
In einer Welt, die von Konsum und Prestige geprägt wird, bist du Nichts ohne Chanel oder Chloé. Soweit würde ich nicht gehen, denn ich habe nicht vor uns alle in einen Topf zu stecken. Außerdem kann und will ich nicht glauben, dass es tatsächlich so schlecht um uns steht. Ja, es ist auch mein Herz, das beim Anblick der ein oder anderen Designertasche schneller schlägt. Denn Mode ist ein wichtiger Bestandteil – nicht nur meines privaten Lebens, sondern auch meines beruflichen. Doch gleich wie faszinierend und rasant diese Reise erscheint, es ist doch wichtig zu begreifen: Das Meiste ist mehr Schein als Sein.
Jene Probleme denen wir uns gegenübergestellt sehen, sind größtenteils Luxusprobleme. Wie sieht mein Instagram-Feed aus? Was kann ich verbessern? Bin ich auf dem richtigen Weg? Was heute Trend ist, ist morgen schon Schrott? Fragen, die mir auch jetzt beizeiten seltsam vorkommen. Oberflächlichkeit pur also? Nein, diese sind essentiell für jemanden, der seinen Lebensunterhalt in der digitalen Welt verdient. Jeder Beruf birgt seine ganz eigenen Probleme und Hürden, denen man sich tagtäglich gegenüber gestellt sieht.
Und während an anderen Orten Krieg geführt wird, sitze ich also am Laptop und schreibe meine Meinung über Streifenröcke und Hemdblusen nieder. Während Trump sich zum Kampf gegen Ausländer rüstet, verfolge ich fleißig irgendwelche aufgedrehten Barbiepuppen auf Snapchat? Und während noch immer tausende Flüchtlinge um ein neues Zuhause kämpfen, versuche ich mich tatsächlich an einer neuen Schminktechnik. Bin ich sensibel? Nein. Bin ich glücklich? Ja. Doch warum dann dieser Artikel? Es war Zeit – ganz einfach.
Die Welt dreht sich nach jedem noch so schlimmen Ereignis weiter, doch ich bin seit letzter Woche wie erstarrt vor Schreck. Ein Artikel handelt von Terrorismus, der andere von Zwangsverheiratung und Vergewaltigung einer Achtjährigen mit Todesfolge. Wie kann es sein, dass ein neuer Haarschnitt einer Bloggerin dennoch für wichtiger empfunden wird, als der Angriff auf unsere Werte? Oder haben wir diese mittlerweile schon längst verloren?
Wie wäre es mit folgender Annahme? Wir sind schlichtweg zu schüchtern, um mit jedermann über unsere Gefühle zu reden. Insbesondere wenn die nötige Vertrauensbasis noch nicht besteht. Doch ist es tatsächlich das, was uns davon abhält über Politik, Wirtschaft und etwaige Katastrophen zu sprechen oder steht hier klares Desinteresse im Vordergrund? Ich weiß es nicht – doch klar ist, ich hab es satt. In einer Welt die von Luxus und Konsum geprägt ist, kommt eines doch zu wenig zum Vorschein: Unsere menschliche Seite, die von Perfektionismus und Oberflächlichkeit unterdrückt wird.
14. Juni 2016
Watch: Henry London